Für den praxisambulanten Bereich ist gemäss TARMED-Rahmenvertrag der Tessinercode für die Übermittlung einer Rechnungsdiagnose an die Krankenversicherung vorgesehen. Die Verwendung des Tessinercodes gerät zunehmend unter Druck. Die Forderungen nach einer Alternative werden seitens Politik und Verwaltung immer lauter. Der Tessinercode ist zu wenig spezifisch, erlaubt keinen Nachweis, was in den Arztpraxen effektiv an Krankheitsbildern behandelt wurde und beschreibt auch das Patientengut nur oberflächig. Die Ärzteschaft ist gut beraten, einen eigenen Vorschlag einzubringen, bevor ein praxisuntaugliches System per Verordnung als verpflichtend vorgeschrieben wird.
Der Zentralvorstand der FMH hat deshalb unter dem Namen Swiss classification groups of disease and related health problems (SCD) ein Projekt gestartet, aus dem ein mehrheitsfähiger, spezifischer und übersichtlicher Diagnosecode für den ambulanten ärztlichen Bereich hervorgehen soll. Das Projekt soll ein fachspezifisches Diagnoseset definieren, das eine korrekte und aufwandsreduzierte Erfassung ermöglicht und gleichzeitig vollständig kompatibel zu ICD-10/11 sowie ICPC ist.
Das Projektteam hat zwischenzeitlich Recherchen zur Umsetzung der Codierung ambulanter Fälle im benachbarten Ausland durchgeführt und Analysen und Auswertungen zur heutigen Verwendung auf den Rechnungen in der Schweiz erstellt. Ausgehend von Daten aus Deutschland wurden pro Fachgebiet die häufigsten ICD-Diagnosen zusammengestellt. Diese Resultate können für die weiteren Arbeiten als Grundlage dienen. Nach den Vorarbeiten kommt das Projektteam zum Fazit, dass sich mit einem fachgesellschaftsspezifischen Diagnoseset von 15 bis 25 ICD-10 Codes bei fast allen Fachgesellschaften 80 bis 90 Prozent aller Probleme korrekt codieren lassen. Im Bereich der Grundversorgung wird jedoch ein grösserer Diagnosekatalog von ungefähr 50 Diagnosen benötigt. Zusätzlich zu diesen ICD-Diagnosen soll pro Fachgebiet noch je ein Eintrag «nur an den Vertrauensarzt» sowie «Diagnose/Problem nicht im fachgruppenspezifischen Sample enthalten» ergänzt werden. Dies damit der Aufwand für Spezialfälle klein bleibt und nicht eine bestimmte ICD-10-Diagnose gesucht werden muss. Weiter ist jeder Ärztin bzw. jedem Arzt selbstverständlich freigestellt, ob noch zusätzliche Codes ausserhalb des eigenen fachgesellschaftsspezifischen Diagnosesets angewendet werden.
Der Zentralvorstand der FMH hat zustimmend Kenntnis von den erstellten Analysen genommen und das Projektteam beauftragt, nun mit den Fachgesellschaften die fachspezifischen Diagnosesets gemeinsam zu erarbeiten. Dazu fanden im August fünf Workshops mit den rund 45 Fachgesellschaften statt. Bis Ende Oktober 2022 erarbeiten die Fachgesellschaften ihren individuellen Vorschlag eines spezifischen Diagnosesets mit den häufigsten Diagnosen ihres Fachgebiets. Im Anschluss werden die Ergebnisse konsolidiert, gemeinsam besprochen und daraus das Vorgehen abgeleitet.