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03.09.2024 - Informationen aus dem Bereich Wirtschaftlichkeitsprüfung

Informationen aus dem Bereich Wirtschaftlichkeitsprüfung

Infoletter 5/2024 vom 3.9.2024

Die Informationen beziehen sich auf den Stand bei Publikation.

Im Vertrag zu Art. 56 Abs. 6 KVG haben santésuisse, curafutura und die FMH die statistische Screening-Methode als ersten Schritt der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Pauschalbeanstandungsverfahren vertraglich geregelt. Diese Screening-Methode hat zum Ziel, mittels statistischer Methoden Leistungserbringer mit auffälligen (zu hohen) Kosten zu identifizieren. Seit dem Jahr 2018 wird dazu eine zweistufige Regressionsmethode angewendet.

Mit dem Leiturteil BGE 9C_135/2022 vom 12. Dezember 2023 hat das Bundesgericht eine Praxisänderung zum Wirtschaftlichkeitsverfahren in der Krankenversicherung vollzogen. Das Bundesgericht betont in seiner jüngsten Rechtsprechung die Zweiteiligkeit der Wirtschaftlichkeitsprüfung seit Einführung der Screening-Methode mit dem Vertrag zwischen FMH, santésuisse und curafutura vom 20. März 2018.

Dieses Leiturteil hat inhaltlich eine derartige Wichtigkeit, dass es für die Publikation in der amtlichen Sammlung des Bundesgerichts vorgesehen ist. Unbestritten wird diesem Urteil vom 12. Dezember 2023 eine wichtige Praxisänderung für die Umsetzung im Wirtschaftlichkeitsverfahren zugeschrieben. In der Zwischenzeit hat das Bundesgericht weitere Urteile publiziert, welche sich auf die «Praxisänderung» des Leiturteils des Bundesgerichts vom 12. Dezember 2023 stützen und diese bestätigen[1].

Unterschiedliche Interpretation von santésuisse

Die FMH hat nun gegenüber den beiden Krankenversicherungsverbänden eine Richtigstellung zu einem Widerspruch im derzeitigen Vertrag und dem Leiturteil des Bundesgericht festgehalten.

Gemäss Ziffer 2 Absatz 5 des Vertrags vom 1. Februar 2023 erhält der Leistungserbringer bei einem auffälligen Regressionsbericht zwingend die Gelegenheit, allfällige im Rahmen der Screening-Methode nicht berücksichtigte Praxisbesonderheiten aufzuzeigen. Macht der Leistungserbringer das Vorliegen von Praxisbesonderheiten geltend, ist er beweispflichtig. Diese Bestimmungen stehen im Widerspruch zur jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichts. Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit gilt es, in Bezug auf diese Bestimmungen die folgenden Richtigstellungen mit Bezug zur aktuellen Rechtsprechung festzuhalten:

  • Entgegen dem Vertrag vom 1. Februar 2023 sind im Rahmen der Einzelfallanalyse auch Praxisbesonderheiten auf ihre effektive Tragweite hin abzuklären, die bereits im erweiterten Variablensatz der ScreeningMethode erfasst worden sind.
  • Entgegen dem Vertrag vom 1. Februar 2023 ist der Leistungserbringer bei der Geltendmachung von Praxisbesonderheiten zwar zur Mitwirkung verpflichtet, aber nicht beweispflichtig. Die Beweislast für das Vorliegen einer Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots bleibt auch bei einer gemäss dem Screening auffälligen Kostenstruktur beim Krankenversicherer.

Diese Richtigstellung ist auf der Webseite der FMH zu finden.

Wie zu erwarten war, haben santésuisse und curafutura dazu eine andere Haltung und Interpretation. Sie argumentieren, dass das Bundesgerichtsurteil den neuen Vertrag ab 2023 nicht tangiere und dieser eine neue Ausgangslage schaffe. Das kann dazu führen, dass santésuisse oder einzelne Versicherer versuchen werden, betroffenen Ärztinnen und Ärzten eine falsche Information zu vermitteln und weiterzufahren wie vor dem Gerichtsurteil. Dies gilt es zu vermeiden. Wir bitten daher, dass sich betroffene Ärztinnen und Ärzte im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsverfahren bei der FMH melden, damit wir eine korrekte Interpretation und das entsprechende Vorgehen sicherstellen können.

 

[1] Urteil BGer 9C_126/2023; 9C_127/2023; 9C_128/2023; 9C_129/2023 vom 04.03.2024; ebenso BGE 9C_201/2023 vom 03.04.2024 (zur Publikation vorgesehen)

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