In der neuen ambulanten Tariflandschaft spielt die OAAT AG eine zentrale Rolle. Die Organisation existiert seit dem 15. November 2022 als nationale, ambulante Tariforganisation der Leistungserbringer und Versicherer. Nachdem die OAAT auf Basis des praktisch einstimmig vom Parlament verabschiedeten gesetzlichen Auftrags gegründet worden war, wurde sie lange eher als ein abstraktes, im Praxisalltag wenig spürbares Konstrukt wahrgenommen. Mit der bundesrätlichen Teilgenehmigung des ambulanten Arzttarifes in diesem Frühjahr ist die OAAT jedoch schlagartig zur eigentlichen Tarifdrehscheibe geworden, an der kein Weg vorbeiführt.
OAAT als Spiegel der Tarifpartnerschaft
Die Tarifpartnerschaft spiegelt sich sowohl auf Ebene der Gremien als auch des Verwaltungsrates der OAAT wider, wo Kostenträger und Leistungserbringer jeweils über 50% der Stimmen verfügen. Zurzeit wird die OAAT vom Berner Regierungsrat und Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg, als Vertreter der GDK, präsidiert. Der VR fällt Mehrheitsentscheide und es gibt kein Vetorecht. Ein allfälliger Stichentscheid liegt beim Präsidenten, der ansonsten kein Stimmrecht hat. Damit können erneute Blockaden vermieden werden, wie sie in der Vergangenheit zu einer jahrelangen Stagnation der TARMED-Verhandlungen führten.
Mehrheitsfähige Kompromisslösungen
Aktuell sind vor allem die Arbeitsgruppen rundum das anstehende Tarifmonitoring gefordert. Es gilt hier gute Lösungen für ein Monitoring zu finden, dass die Kostenentwicklung transparent und fair abbildet.
Die Arbeiten gestalten sich äusserst aufwendig und zeitintensiv. Bis ein Antrag dem Verwaltungsrat vorgelegt werden kann, sind meist eine Vielzahl von Sitzungen und Überarbeitungen diverser Dokumente notwendig. Bei den Beschlussanträgen, über die schlussendlich der Verwaltungsrat entscheidet, handelt es sich in der Regel um mehrheitsfähige Kompromisslösungen mit entsprechenden Eingeständnissen der Parteien.
Hoher Einsatz der Fachgesellschaften
Während die Arbeit in den Gremien im Hintergrund stattfindet und die meisten FMH-Mitglieder davon kaum tangiert werden, war dieses Jahr der Prozess der Antragsverfahren erstmalig bis auf die Stufe der Fachgesellschaften intensiv spürbar. Diese gelangten nun erstmals im Rahmen des neuen jährlichen Antragsverfahrens mit ihren Anträgen auf Tarifänderungen an die FMH. Dieser Prozess ist erforderlich, da Änderungsanträge immer über die einzelnen Dachorganisationen (FMH, H+, MTK, prio.swiss) bei der OAAT eingereicht werden müssen.
Gigantische Herausforderung
Das diesjährige Antragsverfahren war eine gigantische Herausforderung, die vom Tarifbüro der FMH zusammen mit den Fachgesellschaften in einem äusserst engen Zeitrahmen gestemmt werden musste. Die Schwierigkeit bestand hauptsächlich darin, dass dieses Verfahren zum ersten Mal, ohne nennenswerte Vorlaufzeit und mit teils unbefriedigenden oder sogar fehlerhaften Pauschalen an den Start ging. Und dies erst noch nach einem jahrelangen Reformstau. Mit der Bearbeitung von fast 500, innert kürzester Zeit eingereichten Anträgen wurden die Grenzen des Möglichen erreicht.
FMH stellt internen Konsens her
Verschärft wurde die Situation durch viele Anträge, insbesondere bei Fragen zur Dignität, die eine FMH-interne Vermittlung und Bearbeitung nötig machten. Lässt sich bei einem Antrag kein Konsens finden, muss dieser an das „Cockpit“ weitergereicht werden. Dieses Gremium hat seitens der Delegiertenversammlung den Auftrag, bei Uneinigkeiten in Tariffragen innerhalb der FMH einen Entscheid zu fällen. Nur dank eines speziell dafür neu eingerichteten virtuellen Abstimmungsverfahrens und viel zusätzlicher Arbeitszeit, konnte die FMH die Flut der Anträge fristgerecht Ende April bei der OAAT einreichen.
Es sind diese im Stillen und im Hintergrund ausgeführten Arbeiten, dank denen die Rahmenbedingungen für eine optimale Gesundheitsversorgung durch die Ärztinnen und Ärzte geschaffen werden können. Trotz vielfach schwieriger politischer Rahmenbedingungen und Vorgaben und trotz enorm hohen Arbeitsanforderungen innerhalb sehr kurzen Zeitfenstern gelingt es den vielen involvierten Mitarbeitenden und Ärztinnen und Ärzten in solchen Situationen immer wieder die bestmöglichen Lösungen zu realisieren. Im September – in der ersten Ausgabe der neukonzipierten SÄZ – werden wir einen vertieften Einblick in diese wichtigen und für die meisten FMH-Mitglieder unbekannten Aufgaben der Bereiche und Gremien gewähren.